Quo vadis, Automobil?

AUSGABE 06 | 2017
Gedanken zu Veränderungen in der Zuliefererindustrie

Dass die kunststoffverarbeitende Industrie von dem Innovationsmotor Automobilindustrie die letzten Jahrzehnte profitiert hat, steht außer Frage. Die ständige Herausforderung nach Neuem und nach Effizienzsteigerungen beflügelte den Maschinenbau, die Rohstoffhersteller und die Verarbeiter gleichermaßen. Doch verlieren wir tatsächlich den Vorsprung oder gar Anschluss, wie in zahlreichen Artikeln der Wirtschaftspresse und in Fachreferaten philosophiert wird?

Während in China und den USA die Elektromobililtät mit großen Schritten nach vorn treibt, beschäftigen sich die etablierten europäischen Automobilkonzerne „gefühlt“ weiterhin v.a. mit den Verbrennern und der Bewältigung der mit dieser Motorentechnologie verbundenen Probleme und Skandale. Mit den Begriffen „Hybridtechnik“ wird in erster Linie Toyota und mit „Elektromobiliät“ TESLA und nicht BMW trotz des i3 und i8 verbunden. Die deutschen Marken sind hier global gesehen keine Leuchttürme mehr, da TESLA bezogen auf Reichweiten des E-Autos vorn liegt und dies durch Medienpräsens flankiert.. Geht es um das „autonome Fahren“ so hat auch hier TESLA in Sachen „Sichtbarkeit in der Presse“ die deutschen Anbieter abgehängt. Google und Apple machen durch Konzepte von sich reden, die v.a. die durchgängige Verarbeitung von Daten für den Komfort der Fahrgäste nutzen wird. Die noch im Jahr 2015 vorhandene Vorreiterrolle der deutschen Marken wurde nicht ausgebaut. Bei dem Begriff „Autonomes Fahren“ treten die Continental AG und die LKW-Sparte von Daimler zwar deutlich in Erscheinung. Assistenzsysteme, die Fahrzeuge sicherer machen und fehlende oder zu späte Reaktionen der Fahrer vermeiden, bis hin zu automatischen Einparksystemen, sind durchaus real. Hieran zeigt sich aber auch die Stärke der Europäer: Verbesserung des bestehenden; Evolution statt Revolution. Beides ist natürlich für die mobile Zukunft nötig.

Die Revolution findet aber im Moment nicht in Europa statt. Die europäischen Autobauer zeigen seit vielen Jahren „Konzeptstudien“, jedoch wagten sie sich viel zu zögerlich an die Umsetzung. Zu reizvoll ist nach wie vor der Schulterschluss mit der Mineralölindustrie. Die Gefahr, durch andersartige Konsortien abgehängt zu werden, ist real.

Aus meiner Sicht heißt das aber nicht, dass damit für die europäische Kunststoffverarbeitung und seine globale Vernetzung die Welt komplett zusammenbricht. Vielmehr verändern sich die Kunden und Anforderungen. Die deutschen Automobilzulieferer sind heute im weltweiten Ranking der Top 10 mit Bosch, Continental und ZF bestens vertreten. Diese Konzerne passen sich der veränderten Situation sehr schnell an und werden den zukünftigen Marken lösungsorientiert weiter dienen – ob diese nun Daimler und VW oder vielleicht eher TESLA und Toyota heißen. Durch die Veränderung der Antriebsart vom Verbrenner zum eher elektrischen Antrieb ändert sich jedoch im Fahrzeug sehr viel. Zahlreiche heute gesetzte Themen wie Medienleitungen und Getriebe spielen eine Nebenrolle bzw. fallen ganz weg. Wichtiger werden die Themen der digitalen Vernetzung und des Komforts. Ob es allerdings dann bei den zahlreichen Unterlieferanten bleiben wird, ist zu bezweifeln.

Beraterseitig jedenfalls ist spürbar, dass sich immer mehr Unternehmen verstärkt mit weiteren potentiellen Standbeinen – und dies nicht nur aus Margengründen – auseinandersetzen.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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