Prädiktiv oder präventiv: In jedem Fall Wartung!
Zu den Chancen datengestützter Instandhaltungs-Services
Produktionsausfälle durch Maschinenstillstand sind in vielen Betrieben leider auch heute noch immer Alltag. Lästige Folgen: Troubleshooting, neue Produktionsplanung, Abstimmungen mit Kunden und im schlimmsten Fall der berühmte „Bandstillstand“ beim Automobilhersteller. Häufige Ursache: Wartung nicht durchgeführt!
Der Grund für viele Firmen, Wartungen nicht vorzunehmen, ist neben Kosteneinsparungen die Erfahrung, die sagt, dass die Maschinen länger laufen können als die vorgesehenen Wartungsintervalle. „Die Intervalle haben die Maschinenhersteller doch nur erfunden, um nach dem Maschinenverkauf weiter Geld zu verdienen“, so der Inhaber eines mittleren Spritzgießbetriebes. Leider ist er mit dieser Auffassung nicht ganz allein – und leider hat er bedingt recht.
Inspektionen alle 30.000 km sind bei vielen unserer Autos vorgeschrieben, wenn man die „Mobilitätsgarantie“ erhalten möchte. Das Öl wird dabei meist gewechselt, ganz gleich, ob man fährt wie ein Formel-1-Pilot oder mit konstanter mittlerer Geschwindigkeit auf der Autobahn. Der Zustand des Öls in diesem Beispiel dürfte komplett unterschiedlich sein: Während der Pilot mit „digitalem“ Fahrverhalten sicher deutlich früher einen Boxenstopp hätte einlegen müssen, kann der „Cruiser“ mit dem gleichen Öl bestimmt die doppelte Kilometeranzahl fahren.
Das Beispiel lässt sich auf unsere Kunststoffmaschinen übertragen: Einige laufen an der Grenze der Belastungsfähigkeit, andere in robusten und schonenden Dauerprozessen. Die „präventive Wartung“ gleicht der o.a. Autoinspektion. Die Maschine wird nach einem festen Wartungsplan oder nach gelaufenen Maschinenstunden gewartet, ob nötig oder nicht. Damit verbunden sind in jedem Fall Maschinenstillstände, die sich zwar – das ist die gute Nachricht – planen lassen, jedoch häufig auch unnötig sind. Schnecken werden gezogen und vermessen, Antriebe aus- und wieder eingebaut, Bewegungselemente noch einmal durchgefettet. Alles basiert auf der Erfahrung aus der Vergangenheit und ist auf den durchschnittlichen Anwendungs- bzw. Belastungsfall ausgelegt.
Mit „smarten Maschinen“ bieten die Hersteller in der Zwischenzeit bessere, auf den tatsächlichen Bedarf angepasste Lösungen. Beispielsweise lässt sich der Abrieb von Schnecken mithilfe transportabler Ultraschallgeräte umlaufend im Betrieb bei laufener Produktion messen. Eine Wartung findet dann nur nach Bedarf statt. Ölsensoren zeigen den Zustand des Öls im „Condition Monitoring“ ebenfalls kontinuierlich an. Gewechselt wird nur noch bei echtem Bedarf. Sensoren an Zentralschmierungen können dafür sorgen, dass nur noch bei Bedarf geschmiert wird. Die Maschinenhersteller bieten Kontrollsysteme als App an, die zentral alle ohnehin verfügbaren oder durch zusätzliche Sensoren ermittelten Daten der Maschine im Betrieb aufzeichnet und durch Algorithmen eine Wartung exakt vorausplanen lässt. Wer möchte, kann diese Wartung direkt mit der „Vorbestellung“ des Servicetechnikers und der Ersatzteile verbinden. Dank der Digitalisierung lassen sich immer gezieltere Aktionen planen. Die beschriebenen Systeme sind Teil der prädiktiven Wartung, dem Konzept der Zukunft, in der wir angekommen sind.
So schön die Lösungen klingen, so genau muss sich jedes Unternehmen überlegen, welche Daten es zur Verfügung stellt. Vertrauen in den Partner und die korrekte Nutzung der Daten in der Cloud sind allerdings Voraussetzungen zur Verfeinerung der Systeme im Sinne der Kunden. Ohne Daten kein Fortschritt!
Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi
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