Muss das alles so sein?!

AUSGABE 01/02 | 2019
Zur Notwendigkeit und Verantwortung von Betriebsräten

Das aktuelle Betriebsverfassungsgesetz stellt gerade KMU vor eine echte Herausforderung. Dies konnte ich bei einigen meiner Kunden sehr gut beobachten. Aber, um es vorweg zu nehmen: Betriebsräte sind absolut sinnvolle Einrichtungen und können – richtig verstanden – für beide Seiten, Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, ein echter Gewinn sein.

So habe ich in einem recht großen Unternehmen erlebt, dass Betriebsräte im Sinne des Unternehmens auf ein mittelmäßig bis schlecht geführtes Werk überhaupt erst einmal aufmerksam machten und verhinderten, es „aufgrund immer schlechterer Zahlen“ einfach zu schließen. Der Betriebsrat analysierte von sich aus und rechtzeitig die innere Situation und trat mit konkreten Vorschlägen zur Ergebnisverbesserung an die Unternehmensleitung heran. Hierzu gehörten u.a. ein Coaching für den Werksleiter, aber auch ein klarer Plan, wie das Ergebnis verbessert werden kann. Ein Großteil der sachlich vorgetragenen Punkte war so überzeugend, dass man sie unmittelbar umsetzte. Das Ergebnis: Der Standort wurde wieder profitabel, die Arbeitsplätze waren gesichert, und die Mitarbeiter bekamen vom positiven Ergebnis sogar eine Prämie ausbezahlt. Und dies ohne große Verhandlungen und Stellungskriege um einen Sanierungstarifvertrag, sondern einfach über Gespräche und offenen Umgang miteinander. Ein positives Beispiel, wie es bei fachlich kompetenten Betriebsräten sicherlich sehr viele gibt.

Gerade in Unternehmen mit sehr dominanter Führung sorgt der Betriebsrat für eine vernünftige Behandlung und Entlohnung der Arbeitnehmer. – Ein absolutes Muss!

Leider ist der wirtschaftliche Preis, den „normale“ Unternehmen für die reine Existenz des Betriebsrates zahlen müssen, recht hoch. Bei Unternehmen mit 51 bis 100 wahlberechtigten Mitarbeitern besteht der Betriebsrat aus fünf Mitgliedern, bei Unternehmen über 100 bereits aus sieben und bei Unternehmen ab 201 (bis 400) Mitarbeitern aus neun Mitgliedern, von denen eines freigestellt sein muss. Gerade bei Geschäftseinheiten, die gerade so an der letztgenannten Grenze, die erst seit dem Jahr 2001 gilt und vorher bei 301 Mitarbeitern lag, entlangschrappen, wird es schwierig. Denken Sie an z.B. nur 2,5 h Sitzungen pro Arbeitswoche (eher bescheiden abgeschätzt), die allein zu einem zusätzlichen Arbeitszeitbedarf von über 2.800 h führen. Hinzu kommen Ausschüsse, Schulungen und Sprechstunden. Ich persönlich halte diese letztgenannte Grenze für Unternehmen für schwer darstell- und handhabbar. Umso wichtiger ist es für einen Betriebsrat, diese Zeit mit Augenmaß zu nutzen.

Wenn beide Seiten – Arbeitgeber und Betriebsrat – einen vernünftigen Umgang pflegen, so darf und kann man erwarten, dass ein im Sinne des Unternehmens sinnvolles und positives Gesamtergebnis erzielt wird. Im anderen Fall kann die weite Auslegung der Gesetze leicht dazu führen, dass ein Unternehmen nicht mehr handlungsfähig ist und beide Seiten sich nur noch Gesetztestexte um die Ohren hauen. Ein Indikator hierfür sind steigende Anwalts- und Prozesskosten. Das sollten beide Parteien vermeiden und rechtzeitig miteinander reden …. auch über die Belastung für den Betrieb. Ziel muss es doch sein, dass alle Seiten Spaß am Unternehmen haben: Die Unternehmer, weil das Unternehmen wirtschaftlich läuft, und die Mitarbeiter, weil sie vernünftige Arbeitsbedingungen vorfinden und Spaß an Arbeit und Umfeld haben. Das kann ein guter Arbeitgeber auch ohne Betriebsrat schaffen! Ist ein Betrieb aber „organisiert“, geht es auch bestens gemeinsam. Dies konnte ich selbst in verfahrenen Situationen sehen, in denen der Betriebsrat ein echter Partner wurde.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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