Mit „Querdenken“ zum Erfolg

AUSGABE 1-2 | 2022

Ein Plädoyer für den Begriff im ursprünglichen Wortsinn

Meine erste Begegnung mit „Querdenkern“ hatte ich in einem Vortrag Anfang dieses Jahrtausends. Im „Think-Tank“ von Daimler in Berlin, der zumindest damals auch als führendes Innovationszentrum galt, wurden und werden die Mobilitätskonzepte der Zukunft erdacht. Feste Leitplanken dürfen, ja, müssen verlassen werden. Alle Gedanken werden ausgesprochen, wenn sie der konstruktiven Kreativität und neuen Ideen dienen.

Hier habe ich erstmals bewusst von autonom fahrenden Lkw gehört, die mit entsprechender Sensorik und Aktorik ausgerüstet sind. 20 Jahre später sind derartige Fahrzeuge Realität. „Querdenken“ war ein häufig genutztes, aber zur damaligen Zeit noch nicht jedem geläufiges Wort in dem für alle spannenden Vortrag. In derartigen Denkfabriken wurden bereits sehr früh z.B. „Flugautos“ erdacht und umgesetzt, die an die 1960er Fantomas- oder auch James-Bond-Filme erinnern. Ideen, Menschen in einer Art Rohrpost mit hohen Geschwindigkeiten zu transportieren, werden heute im „Hyperloop“ realisiert. Die Erfinder und späteren Umsetzer derartiger Konzepte wurden nicht selten auch als „Querdenker“ bezeichnet. Immer dann, wenn jemand „out of the box“ kreativ dachte, wurde er lange durchaus anerkennend als „Querdenker“ bezeichnet.

In der Kreativitätsmethodensammlung TRIZ gehört „Querdenken“ zum guten Ton. Beispiele wie die Nutzung einer Gegenstromanlage zu Trainingszwecken für Langstreckenschwimmer statt einer Schwimmbahn, um permanente Wenden zu vermeiden, erreicht man durch „Querdenken“. Auch die berühmte, in einzelnen Dosen verpackte Spreewaldgurke stammt von einem „Querdenker“, der sich an einer Tankstelle durch sehr teures Mischgetränk in kleinen Dosen (Red Bull) inspirieren ließ, nachdem er sich über den nicht verkaufbaren „Ausschuss“ nicht perfekt form- und maßhaltiger Gurken für die großen Marken ärgerte. Diesen Ausschuss hat er originell gewürzt, in Dosen verpackt und auch an Tankstellen als Snack zu sehr hohen Preisen vertrieben.

Beliebte „Keynote Speaker“ wie Förster & Kreuz, die als „Vordenker für Management und Wirtschaft“ (Capital) gelobt werden, wecken und motivieren ihr Publikum durch begeisternde Beispiele von Quer- und Andersdenkenden. Festgefahrene Wege und Aussagen wie „… das war immer so …“ bzw. „… das haben schon wir immer so gemacht ….“ werden konsequent in Frage gestellt, um mit neuen Perspektiven und Kreativität das eigene Geschäft zu beflügeln. Häufig sind in anderen Branchen als der eigenen Impulse zu finden, die einfach nur übertragen werden müssen. So hat ein Manager, der aus der Automotive-Branche gewechselt hat, den Schweizer Matratzenhersteller Elite erst auf die Idee des Matratzen-Leasings z.B. an Hotels gebracht. Hierdurch können deutlich höhere Gewinne erzielt werden als durch das Standardgeschäft.

Das „Querdenken“ ist für Wirtschaft und Wissenschaft essenziell, um mit Innovationskraft und Kreativität die Zukunft zu sichern. Daher muss der Begriff dringend wieder heraus aus der Schmuddelecke!

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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