Liefersicherheit vor Preis

AUSGABE 05 | 2020
Wird sich dieses Prinzip nach der Corona-Krise durchsetzen?

Aktuell ist der Ärger über „die Chinesen“ groß, die mehrfach an der aktuellen Krise profitieren. Einerseits haben die Europäer China bei Ausbruch von Covid-19 sehr schnell und kostengünstig (umsonst?!) mit Hilfsgütern versorgt und damit die eigenen Sicherheitsbestände deutlich reduziert. Andererseits wird der größte Teil der nun in Europa benötigten Schutzmasken (FFP2 und FFP3) sowie des Mund-Nase-Schutzes (MNS) in China produziert und exportiert. Die Preise sind im Einkauf seit Corona bereits um 500 bis 1.000 % gestiegen und verbleiben aufgrund weltweiter Verknappung auf hohem Niveau. Verteuerte Luftfrachtraten kommen hinzu. Der erfolgreiche Importeur in Deutschland (meist auch mit Wurzeln in China) verdient als nächster in der Kette. Nun müssen unsere am Boden liegenden Unternehmen Angst vor feindlicher Übernahme haben, die hoffentlich durch geeignete Mittel der Regierung rechtzeitig abgewehrt werden können, zumindest wenn es sich im Schlüssel-Know-how handelt.

Interessant ist jetzt der Ruf von uns allen, dass dies so nicht weitergehen darf und in Deutschland Schlüsseltechnologien (wieder) angesiedelt werden sollen. „Liefersicherheit vor Preis“ in begrenztem und sinnvollem Umfang ist das Motto der Zukunft. Dies wäre eine echte Chance für unsere produzierende Industrie und auch für Europa, wenn man sich an der Stelle einmal richtig zusammenraufen würde. Allein daran glaube ich nicht. Die Diskussionen über „viel zu hohe Preise“ für die Masken von Trigema zeigen, wohin dies am Ende führen wird. Trigema hat auf Drängen der Politik eine Mundschutzproduktion als Manufaktur aufgebaut. Pro Maske sind zahlreiche manuelle Arbeitsschritte erforderlich, und das Unternehmen möchte natürlich auch eine Marge erzielen. Wie hoch diese sein darf und muss, kann ich nicht beurteilen. Klar ist aber, dass der mehrfach verwendbare Mundschutz „Made in Germany“ sehr viel teurer ist als chinesische Ware aus Vor-Corona-Zeiten. Ein Shitstorm läuft also gegen genau den Unternehmer, der vor wenigen Wochen noch gefeiert wurde. Ähnliches werden wohl weitere neue Maskenhersteller in Deutschland über sich ergehen lassen müssen.

Deshalb bin ich mir sicher, dass sich relativ schnell nach der Corona-Krise wieder der Preiskampf durchsetzen wird – bei jedem und durch jeden von uns verursacht. Schnell wird vergessen sein, dass in Deutschland gefertigte Einzelteile und Komponenten schon aufgrund unserer Lohnkosten teurer sein müssen als jene aus China.

Höhere Preise waren schon in einer „normalen“ Zeit schwer durchsetzbar. Wie soll man nun den Konsumenten deutlich machen, dass gewisse Produkte einfach teurer sind, wenn sie ökologisch hergestellt (Nahrungsmittel) oder mit deutschen Lohnkosten gefertigt werden. Auch: Werden die Einkäufer der Automobilindustrie einen moralischen Wandel durchleben? Bis sich die Konjunktur erholt, haben die Konsumenten längst vergessen, dass sie eigentlich für ein Produkt „Made in Germany oder Europe“ mehr ausgeben wollten.

Trotzdem wäre es schön, wenn diese Zeit Impulse setzt, die unsere Zukunft sicherer und lebenswerter machen: Schlüsseltechnologien müssen in Europa bleiben; wir sollten uns ganzheitlich „ökologisch korrekt“ verhalten; Start-Ups sollen gefördert und gegen Übernahmen gesichert werden; Europa muss autark medizinische Produkte in ausreichenden Mengen produzieren und verfügbar machen können. Hierfür sind Maschinen und Geräte auch „in Reserve“ vorzuhalten, wenn sie aktuell nicht benötigt werden. An dieser Stelle muss der Rotstift gestrichen werden.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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