Nun auch das noch…
Wie gut gemanagte Einzelmaßnahmen Risiken und Verluste in Unternehmen reduzieren können
Die aktuelle Kriegslage in der Ukraine und deren Auswirkungen auf unsere Wirtschaft hat niemand vorhergesehen. Handlungsfelder wie „Materialverfügbarkeit sicherstellen“ und „Energieverbrauch senken“ liegen auf der Hand. Das Wegbrechen der Lieferketten aus der Ukraine und Russland sowie dieser Länder als Zielmärkte stellt uns vor noch nicht absehbare Herausforderungen. Die liebgewonnene Güterbahnstrecke von China über Russland nach Europa, die gern für den kostengünstigen und relativ schnellen Transport von Werkzeugen aus China genutzt wurde, dürfte der Vergangenheit angehören. Logistikzeiten und -kosten steigen nicht nur aufgrund erhöhter Ölpreise, sondern auch aufgrund der Rückverlegung auf den seit Corona überlasteten Seeweg zu exorbitanten Frachtraten.
Aufgrund fehlender Baugruppen können Autos nicht mehr montiert werden. Komplette Montagewerke schließen vorübergehend, und die Zulieferer stehen damit wiederum vor einem Scherbenhaufen. Wir befinden uns im Dauer-Krisenmodus. Leider werden viele Unternehmen diese neue Durststrecke nicht mehr überstehen können. Trotzdem darf nicht aufgegeben werden. Es ist wichtig, Vorzeichen rechtzeitig zu erkennen und zielorientiert zu handeln.
Eine absolut vertrauenswürdige Zahlenbasis ist unerlässlich. Der Controller oder kaufmännische Leiter ist gefragt. Sämtliche Kennzahlen wie Liquidität, Cashflow, Verbindlichkeiten, Personalanzahl und -struktur, laufende und anstehende Projekte sowie Kundenerfolgsrechnungen gehören auf den Prüfstand und ihre Diskussion zum Tagesgeschäft, um die richtigen Entscheidungen für das eigene Unternehmen zeitnah zu treffen.
Konsequentes Handeln ist in allen Richtungen notwendig. Die Maßnahmen sind in der Regel unpopulär, arbeitsintensiv, aber wichtig. Vereinfacht gesprochen, konzentriert man sich nun auf die Basisfunktionen des Unternehmens. Kundenbelieferungen müssen sichergestellt, Rechnungen an Lieferanten mit den ggf. neu vereinbarten Zahlungszielen beglichen, „Hobbyprojekte“ gestoppt und Personal dem absolut notwendigen Minimum angepasst werden. In dem Zusammenhang ist die Kenntnis über Mechanismen und Voraussetzungen der Hilfsinstrumente wie Kurzarbeit und auch Insolvenz unerlässlich. Aber dies ist über die letzten zwei Jahre bereits häufig geübte Praxis.
Beim Materialmanagement hilft die softwareunterstützte Verbrauchsbilanz an den Produktionsanlagen, undefinierte Verbräuche und Verschwendung zu kappen. Für sich am Markt verknappende Kunststoffe sollte systematisch nach verfügbaren Alternativen gesucht werden. Wichtig ist dabei, Kunden mit einzubinden und schnell von Alternativen zu überzeugen. Liefersicherheit hat Priorität.
Zahlreiche, gut gemanagte Einzelmaßnahmen werden dazu beitragen, die Verluste in den einzelnen Unternehmen deutlich zu reduzieren. Vielleicht ist es nun aber an der Zeit, über Reshoring und eine Neuausrichtung der Industrie in Deutschland insgesamt nachzudenken. Nicht nur die Bundesregierung macht gerade eine Zeitenwende durch.
Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi
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