„Vor der Krise“ an „Nach der Krise“ denken

AUSGABE 06 | 2019
Wie Sie die Gelegenheit geringer Auslastung für lang aufgeschobene strategische Themen nutzen

In sehr vielen Unternehmen und bei vielen Veranstaltungen wird derzeit von der „anstehenden Krise“ gesprochen. Ausgelöst wird sie wohl vor allem durch unsere Automobilisten, die es dieses Mal – im Gegensatz z.B. zur legendären Elch-Test-Krise 1997 – nicht verstehen, aus dem selbst verursachten Desaster gestärkt hervorzugehen. Alle Zulieferer schauen gebannt zu ihren Auftraggebern, die derzeit ihre fertig entwickelten Modelle und Face-Lifts aus verschiedensten Gründen (noch) zurückhalten. Folge: Die Tier 2 und 3 sehen bereits geringere Auslastungen und beschäftigen sich vorsorglich schon einmal mit dem anstehenden Krisenmanagement, Kurzarbeit und möglichen Entlassungen.

Neben der Automotive-Branche ist es die Verpackungsindustrie, die vor einem konsequenten Umbruch steht. Den prominent platzierten Berichten über Müllteppiche auf den Ozeanen oder Müllbergen in Indien sowie den nicht mehr akzeptierten Müllexporten in Schwellenländer stehen derzeit keine adäquaten Antworten entgegen. Das Kauf- und Verbrauchsverhalten der Konsumenten verändert sich aber sichtbar. Diese Branche muss umdenken, die Unternehmen müssen sich neu organisieren.

Die Welt und die damit verbunden Märkte verändern sich derzeit radikal. Die altbekannten Ströme der Wertschöpfung sind unterbrochen und befinden sich im globalen Wandel. Die Schwellenländer möchten am Wohlstand teilhaben und auch selbst hochwertige Produkte entwickeln und produzieren. Wir müssen nun konsequent umdenken und unsere Zukunft neu erfinden.

Unabhängig davon, ob wir die Krisen herbeireden oder sie aus den o.a. logischen Ketten heraus entstehen, wie sie tatsächlich ablaufen und wie lange sie dauern werden, liegt genau in der anstehenden Phase die! Chance für die Unternehmen. Natürlich muss man den Personalstamm an die Auftragslage anpassen. Vergessen sollte man dabei aber den Fachkräftemangel nicht. Es wäre fatal, sich jetzt kurzfristig von wertvollen Mitarbeitern zu trennen, um sie nach der Krise nicht wiedereinstellen bzw. andere geeignete Kräfte nicht finden zu können.

Wer es sich leisten kann, sollte in diese Phase andere Themen hereinziehen oder lang geplante Projekte vorziehen, somit die Fachkräfte mit sinnvollen Aufgaben auslasten. Beispiele: Strategieerarbeitung für die Unternehmenszukunft, Digitalisierung im Gesamtbetrieb, Prozessanalysen für einen eigentlich erst in zwei Jahren anstehenden Releasewechsel eines ERP-Systems oder Einführung von MES-Systemen, Layoutanpassungen in der Produktion (Maschinen rückt man am besten um, wenn sie nicht dringend gebraucht werden), Mitarbeiterqualifizierung, ausführliche Runden zur Effizienzsteigerung und Umsetzung der daraus abgeleiteten Maßnahmen usw.

Jetzt ist die Zeit für viele Projekte, die keiner hat, wenn die Wirtschaft brummt.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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