Auf in den Umbruch!

AUSGABE 9 | 2021

Warum es Zeit ist, umzudenken, Lieferketten zu hinterfragen und zu verändern

Jedes Sandkörnchen im Getriebe der asiatischen Zulieferindustrie führt heute direkt zu einer Blockade der gesamten Produktion in unserer Region. Stau im Suez-Kanal, Hafenschließungen in China, Engpässe bei Container-Verfügbarkeiten, Preisexplosionen bei Frachtraten, Chipkrise und Holz als Mangelware. All dies führt aktuell dazu, dass unsere Produkte nicht final hergestellt und ausgeliefert werden können. Die Schreckensnachrichten der Automobilindustrie, schlichtweg nicht lieferfähig zu sein, und auf der anderen Seite ein deutlich anziehender Bedarf an Fahrzeugen zu sehen, sind keine gute Kombination.

Holzengpässe? Was hat das mit der Kunststoffindustrie zu tun? – Ohne Holz keine Paletten, keine Kartons und kein Papier für Verpackungsbeileger. Ein einfacher, aber genauestens spezifizierter Verpackungsbeileger in der Medizintechnik, bei dem es darauf ankommt, dass er gemeinsam mit dem Fertigprodukt sterilisiert werden kann, ist leider nicht einfach zu ersetzen, da exakt so zertifiziert und freigegeben. Hat man dann nicht direkt eine zweite lieferfähige Bezugsquelle, steht die Produktion. Mich wundert der Holzengpass doch sehr – oder auch nicht: Aktuell werden unsere vertrockneten, borkenkäferbefallenen Monokulturwälder überall gefällt. Das Holz war nichts mehr wert, und die Waldbauern standen vor dem Ruin. Wer in den letzten Jahren durch die deutschen Lande fuhr, konnte allerdings sehen, dass das Holz überall in Massen von Containern geladen und mit Lkw abgeholt wurde. Die Mengen sind zu deutlich höheren Preisen ins Ausland gegangen (wiederum auch nach Asien) und werden an anderen Stellen gelagert. Die Preise steigen extrem, und wiederum zahlen wir die Rechnung, wenn das Holz dann wieder scheibchenweise verkauft wird …. An unserem eigenen einfachen Holz. Das nennt man freie (Welt-)Marktwirtschaft.

Glücklicherweise hat man aus der Chip-Krise, wenn auch spät, gelernt und baut in Deutschland wieder Fabriken auf, um den Markt selbst zu versorgen. Genau dies muss aus meiner Sicht auch für alle anderen Industriebereiche gelten. Wir müssen aus der selbstgemachten Abhängigkeit von Monopolzulieferländern wieder herauskommen. Hierzu gehört Mut, Weitsicht und dann auch das Durchhaltevermögen, nicht wieder schwach zu werden, wenn ähnliche Produkte aus anderen Ländern (v.a. China) viel günstiger zu beziehen sind. Es hilft nicht, ein extrem günstiges Produkt nicht liefern zu können, mit etwas teuereren aber nicht den Markt bedienen zu wollen.

Ich freue mich über die ersten erfolgreichen Unternehmer, die es wagen, Ihre Produkte wieder in Deutschland zu produzieren. Sicherlich etwas teurer, dafür aber in der Lieferkette schneller und v.a. verfügbar. Der Prozess hat auch schon einen netten Begriff bekommen: Reshoring. – Am Ende müssen auch kleine Zulieferbetriebe wieder aktiviert und ermutigt werden, in der Umgebung solcher „Reshorer“ zu produzieren. Unsere hohen Lohnkosten dürfen da nur der Ansporn sein, mit bestmöglicher Effizienz zu arbeiten.

Der einzige Haken an diesem mittelfristigen Zukunftsmodell ist die notwendige Verfügbarkeit von Rohstoffen. Hier ist die DACH-Region leider nicht gesegnet. Wir werden immer von Rohstoffen anderer Länder abhängig bleiben. Umso wichtiger ist es, an der Stelle durch fairen Umgang und angemessene Preise zu glänzen. Nur so wird man sich den Zugang zu den wichtigsten Rohstoffen auch direkt sichern können. – Bitte nicht nur zusehen, wie die Seidenstraße gebaut wird, sondern einen eigenen mutigen Weg gehen. Lieferfähigkeit geht vor Preis!

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

Sie finden meine Sichtweise interessant und haben vielleicht eine eigene Meinung?
Ich freue mich auf einen Austausch. Sprechen Sie mich gerne an.

Im Netzwerk teilen:

Share on xing
XING
Share on linkedin
LinkedIn
Share on email
Email
Share on print
Print
Scroll to Top