Beratung nach Benchmark
Beratungsleistung muss zum Unternehmen passen. Dies habe ich in einer Zeit erfahren, als ich selbst in einer Festanstellung nach einer geeigneten Unterstützung für ein Teilunternehmen mit einem Umsatz von ca. 8 Mio. EUR pro Jahr suchte. Verschiedene Beratungshäuser hatten sich um das Effizienzsteigerungsprojekt zur Ergebnisverbesserung beworben. Alle vier Anbieter für sich genommen waren absolut kompetent, und die Bandbreite reichte vom Freelancer als One-Man-Show bis hin zu einer exklusiven größeren Beratungsgesellschaft.
Die Vorgespräche zur Angebotsabgabe führten zu einem Benchmark, so dass eine Entscheidung getroffen werden konnte. Während die größeren beiden Anbieter zunächst eine dreimonatige Analysephase und dann die eigentlichen Vorschläge zur Umsetzung über weitere drei Monate, dies dann jeweils mit mehreren Beratern vom Junior- bis zum Senior-Consultant erarbeiten wollten, haben die beiden kleineren zwar auch eine Analyse, jedoch eine sofortige parallele praktische Umsetzung der auf der Hand liegenden Themen angeboten. Wie das Vorgehen waren auch die professionellen Angebote selbst sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite erreichten uns sehr ausführliche, durchaus beeindruckende Präsentationen mit der Beschreibung der verwendeten Tools und dem Stufenplan für das Vorgehen. Die kleineren Beratungen beschränkten sich auf einen kurzen Abriss der erfassten Aufgabe und der angebotenen Schritte.
Unser definiertes Budget und die Dringlichkeit haben letztlich zur Entscheidung für einen Freiberufler geführt, der einerseits sehr zeitnah starten konnte und andererseits nicht nach einem Büro vor Ort fragte, sondern dort arbeiten wollte, wo die Musik spielte – in der Fertigung, in der Qualitätssicherung und auch in der Entwicklung. Die Wahl war genau richtig: Bereits in der zweiten Arbeitswoche waren erste Themen umgesetzt und die sehr kritische Mannschaft von der Unterstützung des Beraters überzeugt. Die auch in diesem Fall durchaus respektablen Tagessätze hat er dreifach eingespielt.
Dass eine genaue Definition und Überwachung der gewünschten Leistung erforderlich ist, habe ich später in einem Fall erfahren, als ein größeres Beratungshaus ein Mandat bei einem Unternehmen mit Umsatz im unteren zweistelligen Millionenbereich ausübte. Der Betrieb war in einer finanziellen Schieflage, das Kundenvertrauen verspielt und die Mitarbeiter demotiviert. Mit einer größeren Mannschaft haben die Consultants zunächst für Transparenz in den Zahlen gesorgt, das Unternehmen umorganisiert und durch einen gesteuerten Lageraufbau für sichere Kundenbelieferung gesorgt. Man konzentrierte sich auf die Gewinn- und Verlustrechnung, aus der z.B. abgeleitet wurde, dass der Lohnkostenanteil im Unternehmen zu hoch und damit Mitarbeiter zu viel an Bord waren. Ohne größere, aber nicht vorhandene Finanzmittel war keine Ergebnisverbesserung zu erreichen. Der Unternehmer stand mit dem Rücken zu Wand.
Dritte stellten dann schnell fest, dass man viel zu günstig am Markt unterwegs war und bei aller Anstrengung gar kein Geld verdienen konnte. Kurzfristige Preiserhöhungen und die Trennung von Kunden waren notwendig. Dies hat das größere Beratungshaus in einer der vielen Analysen eigentlich auch herausgefunden, jedoch keine Taten folgen lassen. Erschreckend war in diesem Zusammenhang auch zu sehen, dass man an dem Auftrag festklammerte und durch eine geschickte Politik den Banken gegenüber dafür gesorgt hatte, dass Quartalsberichte nur durch das Beratungshaus abgegeben werden durften. Ein Kredit von beispielsweise 200.000 EUR „kostete“ auf der Beratungsseite pro Quartal ca. 10.000 EUR. Die Verhältnismäßigkeit war auf beiden Seiten – Bank und Beratungshaus – nicht gegeben, eine unschöne Trennung zwangsläufig. Das Beratungshaus passte nicht zum Unternehmen, was der Unternehmer durch ein vorheriges Benchmarking hätte herausfinden können.
Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi
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