Lebenserfahrung und Ehrlichkeit

AUSGABE 10 | 2019
Wie späte Schultreffen beim „Verdauen“ von Rückschlägen helfen

Unser Abiturjahrgang trifft sich im regelmäßigen 5-Jahres-Turnus. Mitte September war es wieder so weit. Die Treffen verlaufen doch immer sehr unterschiedlich. Zehn Jahre nach dem Abschluss haben wir uns alle die Wahnsinnsleistungen und -karrieren nach der Ausbildung um die Ohren gehauen, die ersten Kinder waren schon im Kindergarten, Häuser gebaut und Boote gekauft. Das 20-Jahre-Treffen war von den geglückten Familiengründungen und Wunderkindern, aber auch den ersten Scheidungsfällen geprägt.

Unser Abiturjahrgang trifft sich im regelmäßigen 5-Jahres-Turnus. Mitte September war es wieder so weit. Die Treffen verlaufen doch immer sehr unterschiedlich. Zehn Jahre nach dem Abschluss haben wir uns alle die Wahnsinnsleistungen und -karrieren nach der Ausbildung um die Ohren gehauen, die ersten Kinder waren schon im Kindergarten, Häuser gebaut und Boote gekauft. Das 20-Jahre-Treffen war von den geglückten Familiengründungen und Wunderkindern, aber auch den ersten Scheidungsfällen geprägt.

Nach den vielen Treffen über die Jahrzehnte waren wir dieses Mal sehr sachlich unterwegs. Karrieren sind zu Ende gegangen. Die Umschreibung „… nun möchte das Unternehmen es doch mal ohne mich probieren…“ habe ich einige Male gehört. Der Umstand war verbunden mit der Sorge, wie es weitergeht, bis zu der Scham, den einige Betroffene spürten und schon gar nicht mehr kommen wollten, da sie keine „Story“ mehr zu bieten hatten.

Das Schöne war, dass wir genau diese Mitschüler auffangen konnten. Es war eben nicht der eine, der als Außenseiter unterwegs war, sondern nach dem „Outing“ des ersten kamen mehr und mehr „aus sich heraus“ und wurden ehrlich. Sehr viele konnten in Einzelgesprächen berichten, was ihnen – in der Regel in größeren Unternehmen – widerfahren ist. Der häufigste Grund der beruflichen „Veränderung“ war, dass die Zahlen nicht mehr stimmten, für die sie zum Teil verantwortlich waren. In einem konkreten, irren Fall ist ein ganzer Weltmarkt weggebrochen. Der ehemalige Mitschüler wurde unmittelbar aus dem Unternehmen geworfen und ersetzt.

Es mag ja sein, dass nicht jeder für jeden Job und Verantwortungsbereich geeignet ist. Es ist wichtig und richtig, sich konsequent von nicht geeigneten Mitarbeitern zu trennen oder eine für sie passende Stelle zu entwickeln. Dies ist schon allein notwendig, um Schaden von Unternehmen fern zu halten. Nicht jeder ist als Führungskraft geeignet, glaubt aber, als logischen Karriereschritt noch einmal „größere Verantwortung“ übernehmen zu wollen – und übernimmt sich damit. Aber für einen zusammengebrochenen Weltmarkt jemanden verantwortlich zu machen, der nicht im Vorstand eines der sagenumwobenen DAX-Konzerne sitzt?! Da stimmt doch etwas nicht.

Die ersten Kandidaten unseres Jahrgangs haben schon – mehr oder weniger freiwillig – den Weg in die Rente gefunden. In zwei Fällen wurde das Programm „55Plus“, von welchem wir auch in unserer Kunststoffbranche mehrfach gehört haben, genutzt. Es verlässt Expertise das Unternehmen, die man sich später wieder teuer einkauft. Und leider sind die „Pensionäre“ nicht immer glücklich mit dem finanziell attraktiven Programm. Sie sind nun auf dem beruflichen Abstellgleis unterwegs und dürfen nicht mehr arbeiten, um den Airbag nicht zu verlieren: Verdammt zum Nichts-Tun. Aber auch hier hat das offene Gespräch Perspektiven eröffnet und neue Netzwerke ermöglicht.

Nach dem Austausch im trauten Kreise sind doch einige wieder gestärkt nach Hause gefahren, und wir freuen uns auf das nächste Treffen in fünf Jahren, bei dem wir uns gar nichts (mehr) vormachen müssen.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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