Lieber Chinesen als Amerikaner?

AUSGABE 09 | 2018
Zu den Aussichten europäischer Unternehmen nach einer Übernahme

Übernahmen lieber durch Chinesen als durch Amerikaner – so ließe sich recht einfach die Erfahrungswelt der letzten Jahre zusammenfassen, und das, obwohl unsere Medien und die eigene Psyche etwas anderes lehren und auch die Politik scheinbar einen klareren und faireren Rahmen für die Zusammenarbeit anstrebt, der in China nicht nur Joint Ventures zulässt, sondern auch reine europäische Unternehmen..

Die durchschnittlichen US-amerikanischen Geschäftsmenschen sind uns schon rein äußerlich deutlich näher als die chinesischen. Haben doch die meisten US-Amerikaner ihren Ursprung in Europa, so muss auch die Denkweise die gleiche sein – so die These. Und doch passiert nach der Übernahme durch Nordamerikaner (häufig) Unerwartetes. Verschärftes Führen mit Kennzahlen, Quartals- und Wochenberichten sind gang und gäbe. Gerade am Anfang wird sehr viel Energie in den Aufbau und die Weiterentwicklung eines Kontrollsystems gelegt, das dann als wesentliches Führungsinstrument dient. Der wirtschaftliche Erfolg der amerikanischen Unternehmen beruht auf Kurzfristentscheidungen, die leider so gar nicht zum nicht-börsennotierten europäischen Mittelstand passen.

Der europäische Unternehmer legt Wert auf Beständigkeit, ist stolz auf seine unternehmerische Leistung und natürlich auch auf seine qualifizierten Mitarbeiter. Am liebsten möchte er, dass nach dem Verkauf seines Unternehmens alles so weiter läuft, wie er es in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich aufgebaut hat. Mit Amerikanern an Bord gibt es da doch meist deutliche Änderungen des Führungsstils: Synergien mit anderen Unternehmensteilen werden gesucht und gefunden, „Centers of Excellence“ als globales Netz aufgebaut und konsequent gelebt. Hieran ist nichts auszusetzen, und der wirtschaftliche Erfolg gibt den Unternehmenslenkern Recht. Lediglich die Entscheidungen aus Amerika und auch die spontanen Reaktionen auf globale Änderungen der Lage sind für die Europäer gewöhnungsbedürftig. Führungskräfte und Mitarbeiter fühlen sich nicht mehr komfortabel.

Chinesische Geschäftsleute sehen optisch anders aus, kopieren nur und möchten lediglich Know-how abziehen. Das sind Äußerlichkeiten und ansonsten Vorurteile. Gerade die in den Medien immer wieder angeführten Unternehmensübernahmen von Kuka und Putzmeister durch Chinesen sind bisher recht positiv verlaufen. Die neuen Gesellschafter sind bemüht, die Unternehmen in ihrer Ursprünglichkeit und ihrem Leistungsvermögen zu belassen, investieren in F&E und öffnen v.a. den großen chinesischen Markt, zu dem zumindest Kuka zum Zeitpunkt der Übernahme noch keinen so umfangreichen Zugang hatte wie heute. Auch halten Chinesen gern das europäische Management in seiner Funktion.

Ein weiteres Beispiel ist Volvo, das dem chinesischen Autobauer Geely den Sprung in die Mittel- und Oberklasse verschaffte. War Volvo vorher totgesagt, so belebt es nun die Straßen wieder durch neue Modelle und Designs, die zumindest größtenteils in Schweden entwickelt und zum Teil auch gebaut werden. Die Marke lebt weiter, und in Schweden entstehen neue Arbeitsplätze.

Schaut man auf den uns allen bekannten Maschinenbauer Kraus Maffei, so hört man zumindest hinter vorgehalter Hand Erleichterung, nach langen Jahren in den Händen reiner Finanzinvestoren – zuletzt Onex aus Kanada – nun für einen strategischen Investor, die staatliche China National Chemical Corporation (ChemChina), zu arbeiten. Sicherlich gibt es auch hier Reibungspunkte, eigenwillige Prozesse und sehr gewöhnungsbedürftige Verhaltensweisen, die ihre Ursachen in der staatlichen Lenkung haben. Trotzdem gibt es nun eine mittelfristige Strategie, und lange überfällige Investitionen werden getätigt.

Wie sich das Verhalten chinesischer Gesellschafter in den nächsten Jahrzehnten weiter entwickeln wird, ist schwer voraussehbar. Natürlich muss das deutsche Know-how sinnvoll geschützt werden. Hier müssen gangbare Wege gefunden werden, die am Ende nicht blockieren und „abriegeln“. Bis jetzt überwiegen bei denen, die selbst Erfahrungen mit Übernahmen durch chinesische Unternehmen gesammelt haben, die positiven Stimmen.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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